Nebenerscheinungen

Obwohl es für eine Behandlung wichtig ist, ist bei Zwangskrankheiten schwer nachvollziehbar, was zuerst war: Der Zwangsgedanke oder die Depression oder die Angststörung.
Bei Depressionen treten häufig Zwangsgedanken auf als Folge oder in Form des Grübelzwangs. Ebenso bei Angst - um die Situation möglichst zu verstehen als auch als Versuch, die Situation unter Kontrolle zu halten.
 
Was man definitiv sagen kann, ist dass sowohl Angst als auch Depressionen als Nebenerscheinungen der Zwangsgedanken auftreten können.
 
Ich kann -wie gesagt- nur aus den Erfahrungen berichten, die ich aus meiner eigenen Geschichte und meiner Therapie mitnehmen kann und so kann ich von mir behaupten, dass die depressive Symptomatik bei mir einen großen Teil einnimmt.
 
Diese zeigte und zeigt sich bei mir so:
 
Ich gehe zur Arbeit und erledige alles, was erledigt werden muss. Aber darüber hinaus kann ich zurzeit nichts machen. Ich bin schnell erschöpft und abends hundemüde. Morgens komme ich schwer aus dem Bett und wenn nicht mein Verantwortungsbewusstsein bestünde, könnte ich durchaus den ganzen Tag im Bett liegen bleiben und grübeln, schlafen, grübeln, schlafen. Zum Glück weiß man, dass das genau der falsche Weg wäre und dem Monster noch mehr Power geben würde. Auch wenn man durch das Grübeln glaubt, sein "Problem" irgendwann lösen zu können - Trugschluss.
 
Zu Beginn der Geschichte habe ich fast einen Monat lang so gut wie nichts gegessen und rapide abgenommen. Es ging nichts runter, der Appetit war weg. Nichts hat mir mehr geschmeckt. Weil Angst dazu auch noch eine Großteil des Tages einnimmt, wurden selbstverständlich durch diese passiv verbrauchte Energie noch mehr Kalorien verbrannt. Mittlerweile habe ich wieder 2-3 Kilo mehr drauf, was für mich ein großer Fortschritt ist.
 
Das Interesse an anderen Dingen war anfangs komplett verschwunden. Es gab nur noch mich, meine Gedanken. mein "Problem" und sonst nichts. Selbst mein Partner wurde zweitrangig, obwohl sich die Gedanken 24h nur um ihn drehten. Ich fühlte mich manchmal als wäre ich nicht ansprechbar.
Mittlerweile kann ich mich zum Glück immer mal wieder anderen Dingen widmen und finde auch wieder Spaß an ihnen. Mal mehr, mal weniger.
Zurzeit fällt es mir wieder ein klein wenig schwerer, weil die Gedanken schwer auf mir lasten und jeglichen Optimismus und Freude unterdrücken. Aber wie wir ja bereits wissen: Einen Schritt vorwärts, zwei zurück.
 
Auch die Schlafprobleme sind nicht zu verachten. Anfang konnte ich kaum 3 Std am Stück durchschlafen. Meist war ich abends um 11 "ausgeknockt" und um halb zwei wieder wach, wonach an einschlafen nicht mehr zu denken war. Schlafmangel ist wirklich Folter, das kann ich euch wohl sagen! :D
Mittlerweile geht es wieder halbwegs mit dem Schlafen, was einem jedoch immer wieder übel aufstößt, sind die unzähligen Male, die man nachts kurz aufwacht und in denen einen sofort die Gedanken belagern- als hätten sie nur darauf gewartet, dass man kurz wach wird.
 
 Die Nebenwirkungen der Angst, und Panik die unter den Gedanken auftreten können, sind u.a. Folgende:

Besonders der Schmerz im Brustkorb oder im Rippenbereich kann extrem nervig werden, dazu hin und wieder Probleme beim Luft holen.

Außerdem kämpfe ich immer mal wieder mit der Derealisation. Ich den Momenten, in denen man von der Angst vor einer möglichen Trennung, die man "vollziehen muss", übermannt wird, kann es schnell passieren, dass man sich selbst verliert. Das heißt, man hat das Gefühl, neben sich zu stehen oder als Zuschauer eines nervenaufreibenden Theaterstücks zu fungieren. Alles fühlt sich unwirklich an, manchmal erkennt man sein eigenes Spiegelbild nicht. Man fühlt sich einerseits, als schwebe man außerhalb seines Körpers, andererseits als sei man mit seinen Gedanken gefangen darin. Es ist gruselig und legt sich meist wieder, wenn man sich eine zeitlang ablenkt oder entspannt- So jedenfalls bei mir.
 
Darüberhinaus kann es sein, dass Übelkeit auftritt, das Gefühl, durchzudrehen und sich nicht mehr kontrollieren zu können, sowie...Verdauungsprobleme ;)
Auch hier haben sich in der Zwischenzeit die meisten Symptome bei mir wieder zum größten Teil gelegt. Zum Glück.

Was ich euch also sagen möchte: Sollten die Gedanken bei euch noch ganz frisch sein, kann es sein, dass all diese Nebenerscheinungen auftreten. Sie mögen sich schlimm und unendlich anfühlen, aber man braucht keine Angst haben, dass sie niemals abnehmen, denn das werden sie. Der Schlüssel hierfür liegt wie immer in der Geduld.

Kommentare

  1. Ich kenne die Symptome und Nebenerscheinungen die du beschreibst sehr gut! Bei mir hat es anfangs genau so angefangen und mittlerweile sich fast wieder "normalisiert" ich denke Geduld ist einer der Schlüssel um da wieder herauszukommen, leider setzt man sich selbst so unter Druck, dass man nie glaubt die Beziehung wie früher führen zu können. Ich denke, dass sich bestimmt etwas an der Beziehung ändern wird, aber warum muss das Schlecht sein?

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  2. Hallo,
    Bei mir ist es ähnlich, die körperlichen Symtome sind zwar nicht alle genau so aufgetreten, aber sich selbst nicht mehr zu erkennen, dass kenne ich gut. Wenn ich Fotos ansehe, ist es oft so, dass es sich anfühlt, als wäre das jemand anders.
    Ich habe diese Scheiß Gedanken mittlerweile seit ca. Einem halben Jahr. Es gibt Tage, die besser sind, aber meistens geht es mir schlecht. Ich bin leider auch sehr ungeduldig und setze mich stark unter Druck. Ich muss mich zu Aktivitäten zwingen, weil nichts mehr Spaß macht.
    Das schlimmste ist, dass ich sehr oft zweifle, ob es wirklich eine Krankheit ist. Will ich mich vielleicht doch trennen? Du liebst ihn eben einfach nicht mehr... bla bla bla
    Wenn er mich anfasst fühlt es sich so gut an. Wir achten auch, seid dem es angefangen hat viel mehr auf einander. Wir haben auch mehr Sex und auch echt guten... Ich finde es aber immer wieder erschreckend, wie meine Gedanken die guten Momente vernichten können. Meist passiert das, wenn ich ihm ins Gesicht sehe. Wir lieben uns seid 12 Jahren... Ich kenne ihn in und auswendig. Dann sehe ich ihn manchmal an und hab das Gefühl, ich würde ihn nicht kennen... absurd... Meistens jedoch löst sein Anblick bei mir die Frage aus, ob er mir noch gefällt. Dann geht die Grübelei wieder richtig los.
    Ich finde es schlimm, dass ich Zärtlichkeit nicht mehr richtig genießen kann... Oft hab ich nicht mal Lust massiert zu werden oder Ähnliches... Das ist natürlich wieder ein super Futter zum Grübeln. Du willst seine Nähe nicht, also liebst du ihn nicht mehr... Wenn du ihn nicht mehr liebst, musst du ihn verlassen... Es ist so schlimm morgens aufzuwachen und sofort von den Gedanken begrüßt zu werden.
    Ich verliere langsam den Lebensmut, frage mich oft, ob es nicht für alle leichter wäre, wenn ich das Lenkrad verreiße. So macht Leben auf jeden Fall keinen Spaß mehr. Irgendetwas lässt mich aber jeden Tag aufstehen und den Tag bestreiten. Vielleicht ist der SSRI dabei hilfreich oder auch das Wissen, dass ich eigentlich ein gutes Leben habe. Keine Ahnung...
    Alle sagen, man braucht Geduld... Na prima, die hatte ich noch nie und langsam müsste auch mal eine Besserung eintreten. Ich hoffe das passiert bald.

    Danke für diesen Blog. Es hilft mir immer sehr, dass ich mich in den Beschreibungen wieder finde.

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